So funktioniert die direkte Demokratie

Wie in anderen Bundesländern auch, gibt es in Baden-Württemberg ein dreistufiges Verfahren der direkten Demokratie auf Landesebene (Zulassungsantrag - Volksbegehren - Volksabstimmung). Mit den Reformen 2015 auf der Landesebene wurden die Hürden gesenkt. Volksbegehren sind dadurch etwas leichter anwendbar. Zusätzlich wurde das neue Instrument des Volksantragsin der Landesverfassung verankert. Das Instrument ist unabhängig von der dreistufigen Volksgesetzgebung anwendbar, kann aber auch in ein Volksbegehren überführt werden.

Der Vorteil: die Bürger/innen in Baden-Württemberg haben zwei Instrumente - den Zulassungsantrag oder den Volksantrag - um ein Volksbegehren zu initiieren. Beide haben ihre Vor- und Nachteile (Quoren, Sammelfristen), so dass Inhalt und Zielrichtung Ihres Anliegen für die Wahl des Weges entscheidend sind. Im Folgenden erklären wir die wichtigsten Hürden und Schritte, die genommen werden müssen, um ein erfolgreiches Volksbegehren zu starten.

1. Zulassungsantrag für ein Volksbegehren nach Art. 59 (3)

  • Themen: Der Zulassungsantrag für ein Volksbegehren muss zwingend ein "ausgearbeiteter und mit Gründen versehener Gesetzentwurf" sein. Zulässig sind alle Themen, die in die Zuständigkeit des Landesparlamentes fallen. Darunter auch Verfassungsänderungen oder die Auflösung des Landesparlaments. Ausgenommen sind: Abgaben-, Besoldungs- und Staatshaushaltsgesetze
  • Unterschriftenquorum/Sammelfrist: Einen gültigen Zulassungsantrag müssen mindestens 10.000 Wahlberechtigte Baden-Württemberger mit ihrer Unterschrift unterstützen. Es gibt keine Sammelfrist, so dass die Initiatoren über Beginn und Ende der Sammlung frei entscheiden können. 
  • Prüfung/Anhörungsrecht:Der Antrag muss an das Innenministerium gerichtet sein, das auch die formale Gültigkeit überprüft. Im Gegensatz zum Volksantrag findet keine Anhörung im Landtag statt und die Initianten haben auch kein Recht darauf, ihr Anliegen im Landtag zu vertreten. Somit entfällt die Möglichkeit im Vorfeld einen Kompromiss mit dem Parlament auszuhandeln. Ist der Zulassungsantrag gültig, geht es in die zweite Stufe der Volksgesetzgebung: dem Volksbegehren.

 

2. Volksbegehren nach Art. 59. (3)

  • Unterschriftenquorum/Sammelfrist: Bei Zulässigkeit eines Volksantrages oder Zulassungsantrages legt das Innenministerium den Zeitraum fest, ab dem die 6-monatige Sammelfrist für das Volksbegehren beginnt. In dieser Zeit müssen die Unterschriften von mindestens 10% der Wahlberechtigten Baden-Württembergs gesammelt werden. Das entspricht in etwa 780.000 Bürger/innen. Während der gesamten Sammelfrist können die Unterschriften frei gesammelt werden (z. B. Fußgängerzonen, Marktplätze). Zusätzlich können sich Bürger/innen 3 Monate lang in den Kommunen eintragen (z. B. Rathaus).
  • Annahme/Ablehnung: Das Volksbegehren muss von der Staatsregierung zusammen mit einer Stellungnahme "unverzüglich" an das Landesparlament weiter geleitet werden. Wird das Volksbegehren abgelehnt oder nicht unverändert übernommen, kommt es zur Volksabstimmung.

 

3. Volksabstimmung nach Art. 60

  • Abstimmung/Alternative Gesetzesvorlage: Kommt es zur Volksabstimmung, kann der Landtag eine alternativeGesetzesvorlage mit zur Abstimmung stellen (Artikel 60. (1)). Die Bürger/innen können dann für das ursprüngliche Volksbegehren oder den alternativen Vorschlag des Landtags abstimmen.
  • Abstimmungsquorum: Die Volksabstimmung ist erst dann gültig, wenn eine Mehrheit der Abstimmenden mit "Ja" oder "Nein" gestimmt haben und diese Mehrheit zugleich 20% der Wahlberechtigten entspricht. Stehen zwei Abstimmungsvorlagen zur Wahl, ist diejenige mit den meisten "Ja"-Stimmen gültig, insofern das Abstimmungsquorum erreicht wurde. Das 20%-Quorum gilt jedoch nur bei einfachen Gesetzen.
  • Verfassungsänderungen: Handelt es sich beim Abstimmungsgegenstand um eine Verfassungsänderung, dann müssen sogar 50% der Wahlberechtigten bei der Abstimmung dem Vorschlag zustimmen. Dieses Quorum ist sehr restriktiv und dadurch sind Verfassungsänderungen mit Hilfe eines Volksbegehrens quasi unmöglich.