Kita-Volksbegehren: Verfassungsrichter sind faktisch zu politischer Entscheidung genötigt

Keine höheren Anforderungen an den Volksgesetzgeber als an das Parlament

Zur heutigen Verhandlung des Verfassungsgerichtshofs von Baden-Württemberg zur Frage der Zulässigkeit des Volksbegehrens für gebührenfreie Kitas erklärte der Landesvorsitzende von Mehr Demokratie e.V., Edgar Wunder:

"In der heutigen Verhandlung hat sich noch keine klare Tendenz ergeben, welche Entscheidung das Gericht bei seiner Urteilsverkündung am 30. März fällen wird. Die zu treffende Entscheidung ist letztlich, ob bei einem Volksbegehren von einfachen Bürgern mehr verlangt werden soll als vom Landtag als Gesetzgeber. Denn würde man die in der Verhandlung teilweise erhobenen hohen Anforderungen an die Bestimmtheit von Volksbegehren - ihre Ausarbeitung bis ins letzte Detail - auch auf vom Landtag beschlossene Gesetze selbst anwenden, wären auch diese fast alle unzulässig. Sogar die Landesverfassung wäre dann zu unbestimmt, weil sie - wie die Verhandlung ebenfalls zeigte - erhebliche Interpretationsspielräume bietet, was z.B. unter den Begriffen Abgabengesetz und Staatshaushaltsgesetz zu verstehen ist.

Bleibt man beim Wortlaut der Landesverfassung, wäre das Kita-Volksbegehren zulässig. Interpretiert man über den Wortlaut der Verfassung hinaus, könnte es auch für unzulässig erklärt werden. Letztlich wird den Verfassungsrichtern zugemutet, eine faktisch politische Entscheidung zu treffen, weil sich auch Verfassungstexte immer unterschiedlich auslegen lassen. Wir hoffen, dass diese Entscheidung am 30. März nicht im Sinne einer Behinderung, sondern im Sinne einer Offenheit für direktdemokratische Bürgermitsprache ausfällt. Davon wird nicht nur das Kita-Volksbegehren, sondern die direktdemokratische Praxis in Baden-Württemberg insgesamt stark betroffen sein."